Warum Fotos mit seidenweichem Bokeh so faszinieren
Von Alfred Schretter – Hochzeitsfotograf & Portraitfotograf Kärnten
Es gibt Bilder, die man ansieht – und es gibt Bilder, in die man eintaucht. Ein gutes Porträt oder Hochzeitsfoto wirkt manchmal so, als könne man fast hineingreifen: Das Motiv löst sich vom Hintergrund, wirkt plastisch, lebendig – fast dreidimensional.
Der Grund dafür liegt in einem Zauberwort der Fotografie: Tiefenwirkung.
Wenn Schärfe und Unschärfe miteinander tanzen
Tiefenwirkung entsteht, wenn Vordergrund, Motiv und Hintergrund in einem harmonischen Verhältnis zueinander stehen – und der Fotograf sie gezielt inszeniert.
Das Geheimnis liegt dabei oft in einem seidenweichen Bokeh: jenem sanften, cremigen Unschärfebereich, in dem der Hintergrund fast zu verschwimmen scheint. Diese Unschärfe ist keine technische Schwäche – sie ist ein künstlerisches Stilmittel.
Sie sorgt dafür, dass das Auge genau dorthin blickt, wo es soll – nämlich auf das Wesentliche. Alles andere tritt zurück und schafft eine räumliche Tiefe, die ein zweidimensionales Foto fast dreidimensional erscheinen lässt.
Der Zauber hinter dem Effekt – wie das Auge „manipuliert“ wird
Das menschliche Auge liebt Klarheit. Es sucht automatisch nach dem schärfsten Punkt im Bild und ordnet ihm Bedeutung zu.
Wenn also das Gesicht gestochen scharf ist, der Hintergrund aber sanft in Unschärfe versinkt, passiert Folgendes: Unser Gehirn interpretiert das Motiv als näher, greifbarer, realer.
Genau das macht den Zauber aus – die Fotografie lenkt den Blick, steuert Wahrnehmung und Emotion. Ein gutes Foto zeigt also nicht einfach, was war – es führt den Betrachter, wie ein Dirigent sein Orchester.
Wie der Fotograf plant und arbeitet
Ein Foto mit Tiefe entsteht nicht zufällig – es ist das Ergebnis bewusster Planung und technischer Kontrolle:
- Offene Blende: Kleine Blendenzahlen (z. B. f/1.4 oder f/2.8) erzeugen geringe Schärfentiefe – das Motiv bleibt klar, der Hintergrund wird weich.
- Abstand zum Hintergrund: Je größer der Abstand, desto stärker der Unschärfeeffekt.
- Brennweite: Längere Brennweiten (85 mm, 105 mm, 135 mm) komprimieren den Raum. Ich persönlich arbeite besonders gern mit 105 mm bei f/1.4.
- Lichtführung: Licht trennt Ebenen – Vordergrund hell, Hintergrund weich oder dunkler. So entsteht Tiefe durch Helligkeitskontrast.
- Position & Perspektive: Der richtige Blickwinkel betont Linien, Formen und Ebenen, die den Betrachter optisch „ins Bild hineinziehen“.
Der Fotograf entscheidet also nicht nur, was er zeigt, sondern auch, wie tief es wirkt.
Tiefenwirkung in der Hochzeits- und Portraitfotografie
Gerade bei Hochzeiten oder Porträts spielt Tiefe eine besondere Rolle. Ein Paar, das sich in einer scharfen, klaren Zone befindet, während der Hintergrund in weichem Licht versinkt – das wirkt intim, zart und träumerisch.
Das Bokeh verwandelt den Hintergrund in Emotion: Lichter werden zu goldenen Kreisen, Blätter zu sanften Farbflächen, der Moment zu einem visuellen Gefühl.
So entsteht jener unverwechselbare Stil – romantisch, ruhig, fast filmisch. Ein Stil, der nicht einfach dokumentiert, sondern erzählt.
Oben: Foto mit seidenweichem Bokeh (Systemkamera)
Unten: Bild mit viel Tiefenschärfe (Smartphone) – technisch scharf, emotional flach.
Tiefe ist Gefühl
Tiefenwirkung ist mehr als ein technischer Effekt. Sie ist die Verbindung zwischen Technik, Wahrnehmung und Emotion – zwischen Kamera und Herz.
Ein weiches Bokeh lässt uns spüren, was wichtig ist. Es trennt nicht, es verbindet – das Motiv mit dem Raum, das Bild mit dem Betrachter.
Oder, anders gesagt: Ein gutes Foto zeigt nicht einfach Tiefe – es fühlt sie.
Alfred Schretter – Hochzeitsfotograf & Portraitfotograf Kärnten | Professionelle Hochzeitsfotografie mit Gefühl, Tiefe und Seele.